Lasst uns unternehmen, was entstehen soll!

Wie lassen sich Menschen zu nachhaltigem Verhalten motivieren? Wie lässt sich die individuelle und die gesellschaftliche Lebensqualität und Zufriedenheit abgekoppelt vom materiellen Besitz steigern? Erkenntnisse dazu liefert die Nachhaltigkeitspsychologie. Und diese können sich Unternehmen zunutze machen: Indem sie Räume eröffnen, in denen Mitarbeitende, Kund:innen und Lieferant:innen ihr Handeln an den grundlegenden menschlichen Bedürfnissen, wie Autonomie, Zugehörigkeit und Selbstwirksamkeit sowie ihren persönlichen Lebenszielen und dem guten Leben für alle ausrichten können. Unternehmerisches Handeln hat die Chance, Sinn entstehen zu lassen, tiefe Beziehungen zu fördern und eine Verbundenheit mit dem großen Ganzen erlebbar zu machen.

Warum ist Nachhaltigkeitspsychologie heute so wichtig?

Die planetaren Grenzen sind überschritten. Wir sind vollständig in jenem Zeitalter angekommen, in dem der Mensch zum zentralen Einflussfaktor für die Umwelt und damit für die biologischen und atmosphärischen Prozesse auf der Erde geworden ist. Die Zukunft der Menschheit liegt in unserer Hand – unser Verhalten wird entscheiden. Die Chance, dass die Menschheit rechtzeitig den Pfad in eine nachhaltige Wirtschaftsweise einschlägt und die Treibhausgas-Neutralität binnen der nächsten 25 Jahre schafft, ohne dabei in einen dauerhaften Krisenmodus zu fallen, erscheint aus heutiger Sicht denkbar gering. Wenn wir von der Vergangenheit auf die Zukunft schließen, entsteht der Eindruck: Wir Menschen stehen durch die von uns geschaffenen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Strukturen unserer Zukunft im Weg. Die wichtige Frage lautet, wie sich das menschliche Verhalten sinnvoll in Richtung Nachhaltigkeit beeinflussen lässt?  Antworten darauf kann die Nachhaltigkeitspsychologie liefern.

Was verstehen wir unter Nachhaltigkeitspsychologie?

Die Nachhaltigkeitspsychologie beleuchtet, welche bewussten und unbewussten Faktoren in unserem menschlichen Verhalten sowie gesellschaftlichen Zusammenleben wichtig sind und wie nachhaltiges und umweltfreundliches Verhalten im menschlichen Handeln gefördert werden kann. Die Nachhaltigkeitspsychologie lädt ein, mögliche und wünschenswerte Zukunftsräume zu erforschen. Etwa in Richtung von Gesellschaftsmodellen, die sich vom reinen Wachstumsgedanken verabschieden und stattdessen Sinn und Zeitwohlstand in den Vordergrund stellen. Sie richtet den Blick auf das, was es zu gewinnen gibt. Und auch darauf, wie wir Menschen uns motivieren lassen, eine Haltung zu entwickeln, in der weniger mehr ist, in der auf das gute Leben für alle fokussiert wird, mit einer gerechten Verteilung von Ressourcen.

Warum sind Zufriedenheit und Lebensqualität wichtige Schlüssel zur Neuausrichtung?

Die Nachhaltigkeitspsychologie verbindet Erkenntnisse aus der Gehirnforschung mit psychologischen Ansätzen. Im Zentrum steht also der Mensch. Wie bekannte Philosophen in der Antike längst erkannt haben, strebt der Mensch danach, glücklich und zufrieden zu sein. Hier setzt auch die Nachhaltigkeitspsychologie an: das eigene Handeln an individuellen menschlichen Bedürfnissen, wie etwa Autonomie, Zugehörigkeit oder Selbstwirksamkeit, an persönlichen Lebenszielen sowie dem guten Leben für alle auszurichten. In der Theorie ist das nichts Neues. In modernen Konsumgesellschaften sind wir jedoch gewohnt, dieses individuelle Glückserleben mit dem Besitz materieller Dinge zu verbinden. Hier liegt auch der Schlüssel zur Neuausrichtung, wo es etwas zu gewinnen gibt: neue Quellen zur Steigerung der Lebenszufriedenheit, die das psychologische Wohlbefinden steigern - jenseits eines materiellen Wohlstandszuwachses. Das kann etwa mit mehr Achtsamkeit, einem neuen Selbstwertgefühl und sinnstiftenden Erfahrungen gelingen. Darüber hinaus sorgen authentische Kontakte und ein besonderes Verantwortungsgefühl für Natur und Gesellschaft für die nötige Verbundenheit mit dem großen Ganzen.

Inwieweit fördern neue psychische Ressourcen und Fähigkeiten die Umsetzung von Nachhaltigkeit?

Angenommen, wir würdigen und akzeptieren uns als Menschen mit allen Stärken und Schwächen. Dann wäre es wünschenswert, dass wir uns Denk- und Handlungsräume erschließen, die unserem Empfinden nach einem guten Leben für alle gerecht werden. Danach gilt es, gangbare Alternativen zu entwerfen und diese praktisch umzusetzen. Es sind die psychischen Ressourcen wie Achtsamkeit, Selbstwirksamkeit, Sinnkonstruktion und Solidarität im Zusammenspiel, die die Grundlage dafür bieten, sich ein wünschenswertes Zielbild vorzustellen und den transformativen Prozess aktiv zu gestalten. Sie bieten damit im Sinne der Nachhaltigkeitspsychologie eine Orientierungsfunktion für einen zeitgemäßen Lebensstil, sorgen also für das richtige Maß in Raum und Zeit sowie für ein gutes Leben, in dem Sein wichtiger ist als das Mehr-Haben. Dieser Ansatz unterstützt uns dabei, weniger zu wollen, ohne Verlustängste zu entwickeln, und verbindet diese Erfahrung mit dem Glauben an die Umsetzbarkeit einer für alle wünschenswerten Zukunft.

Warum sind gerade Unternehmen ein idealer Treiber von Nachhaltigkeit?

Unternehmen sind Organisationseinheiten, die einen konkreten Geschäftszweck verfolgen. Sie können dank ihrer Größe und Ressourcen direkten Einfluss auf Denk- und Handlungsweisen von Mitarbeitenden sowie Menschen im wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Umfeld nehmen. Wenn Nachhaltigkeit und die Gemeinwohlorientierung in einer Unternehmenskultur verankert sind und gelebt werden, haben gerade Führungskräfte ein sehr großes Potenzial zur Förderung psychologischer Ressourcen, die die nachhaltige Transformation vorantreiben. Manager:innen und Unternehmer:innen sind es gewohnt, mit Unsicherheiten im Markt umzugehen, interne Veränderungen anzustoßen und Innovationen voranzutreiben.

Beispielsweise werden Start-Ups oft von Unternehmer:innen gegründet, die einen starken Glauben an sich, an andere Menschen sowie an den geschäftlichen Erfolg haben. Viele haben ein klares Ziel vor Augen und sind überzeugt, dass bei ihnen etwas besser funktionieren kann als es das bisher in ihrer Branche der Fall war. Unternehmerisch handeln heißt zudem auch, Rückschläge als Lernchancen zu begreifen, dranzubleiben und etwas zu wagen. Eine wichtige psychische Ressource in krisenhaften Zeiten der Transformation basiert dabei auf der wichtigen Annahme, dass die größte Wirksamkeit im Markt nur durch kollektives Handeln erreicht wird.

Hinzu kommt: Unternehmen schaffen sich ihre eigene Kultur. Dort werden interne Werteleitplanken verankert, an denen sich alle Mitarbeitenden orientieren. Unternehmen mit dem entsprechenden Wertekanon übernehmen soziale Verantwortung und können so als Multiplikator für Nachhaltigkeitspsychologie nach außen wirken. Sie sind vor allem ein Ort, an dem die Mitarbeitenden innerhalb der Belegschaft ein Gefühl der Zugehörigkeit und des Vertrauens im gemeinschaftlichen Handeln entwickeln, das dauerhaft zum kollektiven Handeln und zur Übernahme von sozialer Verantwortung motivieren kann.

Unternehmen können also eine Art Mikrokosmos sein, in dem Räume für Bewusstsein und Entwicklung entstehen, in denen Menschen entsprechend ihres inneren Kompasses handeln und den Markt gestalten. Und sich somit die Utopien einer Gesellschaft konkret leben und verwirklichen lassen. In diesem Sinne: lasst uns alle unternehmen, was entstehen soll und wir erleben wollen.

 

Ein Artikel von Dr. Odette Deuber über die Bedeutung der Nachhaltigkeitspsychologie. Als Gründerin und Geschäftsführerin der DO Climate GmbH begleitet sie gemeinsam mit ihrem Team mittelständische Unternehmen bei Ihrer Transformation hin zu mehr Klimaschutz und Nachhaltigkeit.

Jetzt Kontakt aufnehmen unter info@do-climate.de.

 

 

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